Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Bauhelm

Gesetzliche Neuregelung ab 1. Oktober 2014 

Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen wurde mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2014 gesetzlich neu geregelt. Bei Bezug von Bauleistungen schuldet der Leistungsempfänger dann die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt. Davon ist auszugehen, wenn er zumindest zehn Prozent seines Weltumsatzes als Bauleistungen erbringt. Ob die bezogene Bauleistung ihrerseits für eine Bauleistung verwendet wird, ist dagegen unbeachtlich. Eine vom zuständigen Finanzamt ausgestellte – besondere – Bescheinigung gibt Auskunft darüber, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt. Mit BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2014 hat das BMF das Vordruckmuster für den Nachweis zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen und / oder Gebäudereinigungsleistungen veröffentlicht. Die Ausführungen zu § 13 b Umsatzsteuergesetz im Umsatzsteuer-Anwendungserlass wurden ebenfalls angepasst.

Was heißt das für Bauträger?

Bauträger, die ausschließlich Grundstückslieferungen erbringen, sind von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen ausgenommen. Bauträger, die sowohl Grundstückslieferungen als auch Bauleistungen auf fremdem Grund und Boden erbringen, fallen in die Umkehr der Steuerschuldnerschaft im Hinblick auf (alle!) bezogene Bauleistungen, wenn die von ihnen erbrachten Bauleistungen mindestens zehn Prozent – bezogen auf den Weltumsatz – ausmachen.

Rückabwicklung von „Altfällen“ aufgrund BFH-Rechtsprechung

Der Bundesfinanzhof hatte mit Urteil vom 22. August 2013 den Anwendungsbereich der Regelung des § 13 b Umsatzsteuergesetz zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen erheblich eingeschränkt. Für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft kommt es gemäß Bundesfinanzhof darauf an, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer Bauleistung verwendet.

Unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsbesprechung greift die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen im Regelfall nicht für Bauträger. Denn: Bauträger erbringen mit dem Verkauf von bebauten und noch zu bebauenden Grundstücken Grundstückslieferungen und keine Werklieferungen (= Bauleistungen im Sinne des § 13 b des Umsatzsteuergesetzes). Das BFH-Urteil ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Die Finanzverwaltung hatte die Grundsätze des Bundesfinanzhofs für Bauleistungen ab dem 15. Februar 2014 bis zur gesetzlichen Neuregelung ab dem 1. Oktober 2014 für anwendbar erklärt, (vgl. BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014 und vom 8. Mai 2014).

Unter Berufung auf die zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen ergangene BFH-Rechtsprechung können Bauträger bzw. Wohnungsunternehmen für vor dem 15. Februar 2014 an sie erbrachte Bauleistungen die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Umsatzsteuer beantragen. Mit § 27 Abs. 19 Umsatzsteuergesetz wurde eine Regelung zur Rückabwicklung solcher Altfälle in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen. Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 31. Juli 2014 Hinweise zur Anwendung von § 27 Abs. 19 Umsatzsteuergesetz veröffentlicht.

Die Rückabwicklung der Altfälle beschäftigt zwischenzeitlich die Finanz- und Zivilgerichte. Der Ausgang ist offen.